3-5-Satz in späterer Musik

Wenn sich der Bass – wie meistens bei diesem Modell – im Spätbarock in der halben Geschwindigkeit des eigentlich harmonischen Tempos bewegt, wird er meistens mit Dissonanzen versehen. Aufsteigend entsteht ein attraktiver „Wettkampf“ der Oberstimmen, indem jede abwechselnd die Rolle des Auslösers (agens) bzw. „Dulders“ (patiens) der Dissonanz übernimmt. Absteigend entsteht eine 7–6-Folge zwischen den Oberstimmen. Als Resultat ergibt sich als Generalbassbezifferung alternierend 4–3 und 9–8. Diese Version ist etwa bei Corelli oder Händel äußerst populär.

Wenn man beim absteigenden Modell die ursprüngliche Oberstimme in den Bass setzt, entsteht eine weitere charakteristische Variante, welche, zu einer Tonleiter erweitert, im späten 18. Jahrhundert (etwa bei Albrechtsberger) als die "Skala der Alten" bezeichnet wird.

Kombiniert man die Modelle und steigt mit einer sehr charakteristischer Kadenz (von Robert Gjerdingen als "Prinner" bezeichnet) aus, entsteht eine im galanten Stil (ca. 1720–1750) sehr populäre Version.

Im spätklassischen Stil gewinnt wiederum das ursprüngliche, nur aus Grundakkorden bestehende Modell an Popularität und evoziert zuweilen eine etwas archaische Aura (im ersten Beispiel etwa durch das fugenhafte Thema im Klavier untermauert). Meistens findet man es innerhalb von Durchführungsabschnitten. Folgende Beispiele von Mozart und Haydn mögen dies zeigen.

3-5-Satz aufsteigend, Sonate für Klavier und Violine KV 301



3-5-Satz absteigend, Prager Sinfonie Nr. 38 KV 504



3-5-Satz aufsteigend mit den charakteristisch barocken Dissonanzen, Menuett aus der Sinfonie Hob.I:86

In unserer letzten Variante ist ab dem vierten Ton die Bassstimme mit einer weiteren Stimme unterterzt worden. Damit die Septimen, die dabei entstehen, klein sind und als Bestandteil des Dominantseptakkords keiner Vorbereitung bedürfen, d.h. als sogenannte „wesentliche Dissonanzen“ (Kirnberger) in den Gerüstsatz eingebunden werden können, müssen die Töne chromatisch alteriert werden. Es entsteht eine Harmoniefolge, die durch Brille der Funktionstheorie fast „tonalitätssprengend“ erscheinen muss, obwohl sie doch bloß einem der elementarsten Satzmodelle entspringt: E7 – F – C7 – Des – As7 – Heses.


Wir sind bei Bruckners 7. Sinfonie angelangt (T. 39f.).

Weiterführende Literatur:

Guilelmus Monachus: de preceptis artis musice et pratice compendiosus libellus (15. Jh.)
Robert O. Gjerdingen, Music in the Galant Style, Oxford University Press 2007